Der nackte Blick


auf dem weg zwischen hier und dort befindet sich

ein vorhang von unendlicher weite. in höhe aller

erdenklicher horizonte ein waagerechter faden, die

senkrechten dicht wie regen. und doch ist das

gewebe überal passierbar, durchlässig für die zeit

und ihre passanten.

diesseits, mit der transparenz eine brise, nimmt

der stoff die spuren der durchgänger auf, ihr glück

und unglück. zagen zaudern vorwärtsstürmen.

von allem bleibt etwas daran haften. an manchen

stellen verschlissen und dünn geworden,

andernorts verstärkt und ausgebessert. flicken

nähte narben.

jenseits, mit der leichtgkeit eines augenblicks,

wird sich das einstige dort wieder in ein hier

verwandeln, durch einen vorhang unterschieden

vom nächsten dort.



Lili Tetzner. 2001

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